Viele wichtige Themen transparent erörtert: Bürgerversammlung stieß auf großes Interesse
Von Simone Müller
Die Bürgerversammlung am Dienstagabend, 5. November, stieß auf enormes Interesse – kein Wunder, denn Themen wie die neue Grundsteuerreform, die neuen Hebesätze der Grund- und Gewerbesteuer sowie die Gebühren für Wasser und Abwasser zum 1. Januar 2025 füllten das Bürgerhaus bis auf den letzten Platz. Über 170 Bürgerinnen und Bürger folgten der Einladung von Stadtverordnetenvorsteherin Christiane Schlitt, um sich über aktuelle Entwicklungen und Themen in Romrod zu informieren.
Das Programm war ebenso kompakt wie informativ: Bürgermeister Hauke Schmehl berichtete in seinem umfassenden Vortrag zu aktuellen Themen aus dem Rathaus. Björn Köhler gab als Geschäftsführer der EnergieRomrod GmbH einen Einblick in die derzeitigen Themenfelder und Projekte. Bernd Lars Schmidt vom Steueramt der Stadt Romrod erläuterte die neue Grundsteuerreform mit den jüngst festgelegten Hebesätzen der Grundsteuern A+B sowie der Gewerbesteuer.
Bürgermeister Hauke Schmehl berichtete aus dem Rathaus
Stadtoberhaupt Hauke Schmehl ging in seinem Bericht auf nachstehende Themen detailliert ein und beantwortete jeweils auch Fragen:
- Sachstand zur Flüchtlingsunterbringung – Der Ankauf von insgesamt 2 Häusern habe sich als „goldrichtige Entscheidung“ der Stadtverordnetenversammlung erwiesen. Die 18 derzeit in den Notunterkünften untergebrachten Flüchtlinge fühlen sich wohl und seien durch die beiden ehrenamtlichen Flüchtlingsbeauftragten auch gut betreut. Die Refinanzierung der angekauften Häuser durch die Kostenerstattung des Vogelsbergkreises für die dort untergebrachten Flüchtlinge läuft seit 2022 stabil und zuverlässig.
- Herausforderung Klimawandel – Maßnahmen zum Hochwasserschutz – Die erarbeiteten Maßnahmen aus der Kommission Hochwasserschutz werden Stück für Stück umgesetzt. Ein Förderantrag für die Erstellung einer Starkregengefahrenkarte mit Handlungskonzept soll erstellt werden. Die Gesamtkosten hierfür liegen bei rund 100.000 Euro. Die Förderquote für die Stadt Romrod als Klimakommune beträgt 90 Prozent, sodass ein Eigenanteil von rund 10 Prozent von der Stadt Romrod zu tragen wäre. Weiterhin soll mit den Renaturierungsmaßnahmen an der Antrift in den Gemarkungen Romrod und Ober-Breidenbach begonnen werden. Der Plan für die umzusetzenden Maßnahmen liegt bereits vor. Die Gesamtkosten für die Renaturierungsmaßnahmen liegen bei rund 351.000 Euro mit einer Förderquote von 95 Prozent, Anteil Stadt Romrod ca. 18.000 Euro.
- Ausbau der U3-Kinderbetreuung – Die Entschlüsse zum Ausbau der Kita Romrod und dem Umzug des Rathauses in die „Alte Gendarmerie“ sind bereits gefasst. Die U3-Kinderbetreuung beschäftigt die Stadt Romrod jedoch wesentlich früher. Hintergrund war, dass die Kindergartenleitung im vergangenen Jahr 25 Eltern informiert hatte, dass für ihre Kinder kein Betreuungsplatz in Romrod zur Verfügung stehe. Das könne nicht der Anspruch eines familienfreundlichen Romrod sein, so Bürgermeister Schmehl. Als Übergangslösung habe man mit der evangelischen Kirche einen 4 Jahres-Mietvertrag für das evangelische Gemeindehaus geschlossen. Das Gemeindehaus wird derzeit von den Mitarbeitern des städtischen Bauhofes zur Interims-Kita umgebaut. Parallel dazu hole man die behördlichen Genehmigungen ein. Aktuell laufen die Vorstellungsgespräche, da weiteres Fachpersonal für die Einrichtung einer fünften Kita-Gruppe benötigt werde. Die Mehrkosten für die Einrichtung der fünften Kita-Gruppe belaufen sich auf rund 180.000 Euro pro Jahr zuzüglich Umbaukosten und spätere Rückbaukosten des Gemeindehauses sowie laufende Mietkosten. Entgegen stünden die sehr geringen Elternbeiträge von derzeit 6 Prozent und die entsprechende Landesförderung.
- Stand und Planung neuer Baugebiete – In Zell wurde das Umlegungsverfahren abgeschlossen. Im nächsten Jahr stehen die Erschließungsarbeiten mit Wasser und Kanal an. In Strebendorf laufen derzeit die Erschließungsmaßnahmen im Baugebiet „Lindengarten“ zusammen mit den beauftragten Arbeiten zur Sicherstellung der Löschwasserversorgung. Die Bauplätze in Romrod Kernstadt seien erschöpft. Alle Bauplätze „Am Äckerchen“ seien inzwischen bebaut, lediglich ein Bauplatz im alten Baugebiet „Krummacker“ stünde noch zur Verfügung. Das Baugebiet „Am Berg“ müsse stark verkleinert werden, da die hohen Baukosten für die erforderliche Errichtung eines Lärmschutzwalls sowie der Bau einer Druckerhöhungsanlage zu hoch seien, um finanzierbare Bauplätze anbieten zu können. Dort sollen zwei barrierefreie Mehrparteienhäuser entstehen können. Neue Bauplätze in der Kernstadt Romrod werden aber weiterhin dringend gebraucht, allerdings könne man nicht überall bauen. Dies richte sich nach den Vorgaben des aktuellen Flächennutzungsplanes. Dieser weise die Fläche „Am Hopfengarten“ als mögliches Baugebiet als Abrundung des Baugebiets „Krummacker“ in Richtung Landhotel aus.
- Förderprojekt „LuWiA“ Romrod – Während die ersten Bewohner des Alten- und Pflegeheimes „LuWiA“ in 2019 eingezogen seien, konnte das Förderprojektes erst in diesem Jahr vollständig abgeschlossen und die letzten Förderzusagen ausbezahlt werden. Die Gesamtausgaben für die Errichtung des Pflegeheimes beliefen sich auf rund 6,8 Millionen Euro, bei einer Landesförderung von insgesamt 1,7 Millionen Euro, sodass die Stadt Romrod Eigenmittel und Darlehen über insgesamt 5,1 Millionen Euro in das Projekt investierte. Mit dem Mieter konnte dieses Jahr zudem eine Mieterhöhung vereinbart werden.
- Sicherstellung der Trinkwasserversorgung – Ein weiterer kostenintensiver Punkt stellt die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung dar. Derzeit bestehe noch ein Vertrag mit der Stadt Alsfeld über Wasserlieferungen, welcher zum 31.12.2026 wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde. Im Sommer 2023 musste die alte Schürfquelle in Zell zur Überbrückung von Wasserengpässen reaktiviert werden. Das Regierungspräsidium Gießen gab der Stadt Romrod die Auflage, die Wasserversorgung neu zu ordnen. Aus diesem Grund plant die Stadt den Bau eines neuen Brunnens mit einer Investitionssumme von rund 2 Millionen Euro. Parallel dazu sind umfangreiche Sanierungen des bestehenden Hochbehälters geplant, und die Pumpen am Tiefbrunnen in Strebendorf sollen gegen leistungsstärkere Pumpen getauscht werden. All diese Maßnahmen sollen die Wasserversorgung langfristig sicherstellen.
- Feuerwehr in Romrod – Auch die aktuelle Situation der Feuerwehr in Romrod – ein Thema, welches in den letzten Wochen schon durch die Presse ging – erläuterte Bürgermeister Schmehl den Bürgerinnen und Bürgern. So habe im September eine turnusmäßige Revisionsbegehung aller 5 Gerätehäuser stattgefunden. Alle 5 Häuser seien in der Ampel mittlerweile auf „rot“, so Bürgermeister Schmehl. Die festgestellten Mängel werden derzeit abgearbeitet. Erforderliche bauliche Veränderungen könne man jedoch an den derzeitigen Liegenschaften nicht umsetzen, sodass der Neubau von ein oder zwei neuen Feuerwehrgerätehäusern unumgänglich sei. Eine weitere große finanzielle Belastung, welche auf die Stadt Romrod zukommen werde. Man rechne mit Kosten von mehreren Millionen Euro. Gemeinsam mit der Stadt Kirtorf wurden insgesamt 8 weitere Atemschutzgeräte für rund 20.000 Euro bestellt und der Auftrag für die Umrüstung aller Sirenenanlagen auf elektronische Sirenen mit digitaler Sirenensteuerung in Höhe von 48.000 Euro vergeben. Auch haben personelle Wechsel in der Wehrführung der Feuerwehr in der Kernstadt Romrod stattgefunden.
- Erschließung neuer Einnahmequellen – Um den Haushalt zu stärken und nötigen Investitionen zu sichern, setzt Romrod auf innovative neue Einnahmequellen, wie beispielsweise
- die Beteiligung der Kommune mit dem Abschluss von EEG 6 und Wegenutzungsverträgen aus der Errichtung von Windkraftanlagen;
- der Vermietung von Lagerflächen auf städtischen Grundstücken;
- Mieteinnahmen durch die Flüchtlingsnotunterkünfte;
- Zinserträge durch Festgeldanlagen;
- Investments, wie die Errichtung von Photovoltaikanlagen am Wasserwerk Strebendorf und an der Kindertagesstätte Romrod;
- Projekten aus der EnergieRomrod GmbH mit Steuereinnahmen und EEG 6 Gewinnbeteiligung;
- Errichtung und Vermietung neuer Werbeanlagen.
EnergieRomrod GmbH: Vorstellung geplanter Maßnahmen und möglicher Bürgerbeteiligungen
Björn Köhler, Geschäftsführer der EnergieRomrod GmbH, stellte den Bürgerinnen und Bürgern anschließend eine Übersicht der anvisierten Maßnahmen der EnergieRomrod GmbH vor. So habe man Energiesysteme für den Tiefbrunnen Strebendorf und den Kindergarten in Romrod mit der Errichtung von Photovoltaikanlagen vorgesehen. Die entsprechenden Förderanträge seien gestellt.
Weiterhin stellte er das mögliche Geschäftsfeld von Regel-Energie-Speichern vor, Energieerzeugung für den Eigenverbrauch der Betriebe im neuen Gewerbegebiet und die kommunale Wärmeplanung für die Stadt Romrod.
Letzter Punkt seines Vortrages war die Überdachung des öffentlichen Parkplatzes „Brauwiese“ mit Photovoltaikflächen, Speicher und E-Ladepunkten. Diverse Fragen der Bürgerinnen und Bürger hierzu wurden beantwortet.
Grundsteuerreform und neue Hebesätze ab 2025
Den wohl mit größtem Interesse erwarteten Punkt des Abends stellte Bernd Lars Schmidt, Mitarbeiter des Steueramts der Stadt Romrod, vor. Er erläuterte den Bürgerinnen und Bürgern eingehend die Hintergründe der Grundsteuerreform vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts bis heute, welche die Grundlage für die von den Kommunen festzusetzenden Hebesätze darstellen. Der Gesetzgeber habe damit versucht, steuerliche Gerechtigkeit herzustellen. Die Grundsteuerreform soll nach dem Willen von Bund und Land „aufkommensneutral“ umgesetzt werden, jedoch ist diese „Aufkommensneutralität“ ein politischer Wunsch, der in der Kommune aus triftigen Gründen nicht umgesetzt werden kann.
Dass es bei dieser neuen Grundsteuerreform Gewinner und Verlierer geben würde, sei allen bewusst. Umso schwerer fiel der Stadtverordnetenversammlung die Entscheidung für die Festlegung der Hebesätze zur Grundsteuer A und B. Man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und in insgesamt 3 Sitzungen des Haupt- und Finanzausschusses eingehend Berechnungsmodelle geprüft. Seit 2020 habe man keine Veränderung der Hebesätze mehr vorgenommen. Die geringe Änderung im Jahr 2020 auf die derzeitigen Hebesätze von 385 Prozent erfolgte zur Kompensierung der im Gegenzug abgeschafften Straßenerneuerungsbeiträge. Die Einnahmen aus den Jahren 2020 bis 2024 blieben somit weitestgehend unverändert, obwohl die Kosten der Kommune in den vergangenen Jahren stark angestiegen seien.
Auch galt es, die defizitären Haushalte der letzten beiden Jahre auszugleichen. Die Überlegungen, dass es selbst bei einem „aufkommensneutralen“ Hebesatz, durchaus deutliche Verschiebungen für einzelne Eigentümer geben werde, mussten mit einbezogen werden. So hätte die Senkung des Hebesatzes unter das Niveau des heutigen Satzes nur die Eigentümer entlastet, welche im Rahmen der Neufeststellung des Messbetrages einen unveränderten, leicht gestiegenen oder leicht verminderten Messbetrag vorweisen können. Im Wesentlichen seien dies die Besitzer von Neubauten oder von Grundstücken, die in den vergangenen Jahren, z. B. durch An- und Umbauten schon einen neu festgestellten Messbetrag erhalten haben. Eigentümer, welche in den letzten 20 bis 30 Jahren keine Neufestsetzung hatten und/oder in einem Fachwerkhaus wohnen, müssen hingegen deutliche Anpassungen nach oben hinnehmen. Die dort bisher geltenden Messbeträge werden sich hier teilweise vervielfachen. Dies bestätigte auch ein betroffener Bürger, welchen die neue Grundsteuerreform schwer treffen wird.
Die beiden Fraktionsvorsitzenden Kai Habermann (CDU/FWG) und Christof Croonenbrock (SPD) verdeutlichten den Bürgerinnen und Bürgern, wie schwer diese Entscheidung im Gremium war. Die neuen Hebesätze der Stadt Romrod ab 01.01.2025 wurden für die Grundsteuern A und B mit 385 Prozent festgelegt. Die Gewerbesteuer bleibt mit einem Hebesatz von 385 Prozent ebenfalls unverändert.
Die Begründung für die Festlegung der Hebesätze liege darin, der Stadt Romrod die Möglichkeit zur Vorlage eines ausgeglichenen Haushalts 2025 zu geben und die Investitionsfähigkeit der Kommune aufgrund der notwendigen Investitionen in den kommenden Jahren, wie z. B. Neubau Feuerwehrstützpunkt(e), Umbau/Erweiterung Kindergarten, Wasserversorgung mit Brunnenbohrung und Sanierung Hochbehälter, zu erhalten. Auf Rückfrage erläuterte Schmidt, dass die neuen Hebesätze jährliche Mehreinnahmen für die Stadt Romrod von ungefähr 120.000 bis 140.000 Euro erbringen werden.
Senkung der Wasser- und Abwassergebühren ab Januar 2025
Zum Vorteil der Bürgerinnen und Bürger wird es ab dem 1. Januar 2025 eine Senkung der Wasser- und Abwassergebühren geben. Die neuen Gebühren basieren auf der jüngsten Gebührenkalkulation, die für die Jahre 2021 bis 2023 Überschüsse ergab. Diese Überschüsse werden nun in Form gesenkter Gebühren an die Bürger zurückgegeben. Grundlage für die Gewinne waren hauptsächlich geplante Investitionen in den Bereichen Wasser und Abwasser, welche aber im Kalkulationszeitraum noch nicht begonnen, bzw. noch nicht komplett abgeschlossen werden konnten.
- Die neue Wassergebühr beträgt ab 01.01.2025: 1,85 €/m³ (bisher 2,42 €/m³)
- Die neue Abwassergebühr wurde auf 4,63 €/m³ festgelegt (bisher 4,70 €/m³).
Mit diesen guten Nachrichten verabschiedeten Stadtverordnetenvorsteherin Christiane Schlitt und Bürgermeister Hauke Schmehl gegen 21.30 Uhr die Bürgerinnen und Bürger nach Hause und bedankten sich für das große Interesse.