Das erste Kinder- und Jugendparlament Deutschlands entstand vor 30 Jahren im Vogelsberg
Als Experiment gestartet, längst fest etabliert und heute wohl wichtiger denn je: Auf diesen kurzen Nenner lässt sich die Geschichte des Vogelsberger Kreisjugendparlaments – kurz KJP – bringen, das jetzt sein 30. Bestehen feierte.
Arbeit geprägt von Sachlichkeit & Respekt
1992 wurde im Vogelsberg das erste „Kinder- und Jugendparlament“ Deutschlands ins Leben gerufen. „Was damals als Experiment begann, ist heute zu einer Institution geworden und nicht mehr wegzudenken aus unserer kommunalen Familie“, konstatierte Erster Kreisbeigeordneter Dr. Jens Mischak während der Geburtstagfeier im Güterbahnhof in Alsfeld. Zu verdanken sei das den rund 350 jungen Abgeordneten, die in inzwischen 14 Jugendparlamenten aktiv waren. Die Arbeitsweise des Jugendparlaments, so Mischak, sei immer von einem hohen Maß an Sachlichkeit und gegenseitigem Respekt geprägt.
Viele Themen & Mitarbeit in Gremien
Auch wenn die Wahl der Themen ganz unterschiedlich war, in jeder Legislaturperiode ging es um Toleranz, um Vielfalt, um die Zukunft der Region, um öffentlichen Personennahverkehr, Klimakrise und Umweltschutz, Geschlechtergerechtigkeit und die bauliche Situation der Schulen. „Ihr wart ein Stück weit Vorreiter und Ideengeber“, so Mischak. Dabei brachten sich die Jugendlichen in unterschiedlichen Gremien und Arbeitsgruppen im Vogelsbergkreis ein: Jugendhilfeausschuss, Fahrgastbeirat, Fachbeirat LEADER, Begleitausschuss „Demokratie leben!“, Netzwerk für nachhaltige Entwicklung, Steuerungsgruppe MORO-Regionalentwicklung und viele andere mehr.
Vom KJP in den Bundestag
Mischak dankt nicht nur den Jugendlichen für ihr Engagement, sondern auch Silvia Lucas, Leiterin des Bereichs Jugendarbeit/Jugendbildung, die das KJP von Anfang begleitete. „Die Beteiligung von Jugendlichen wurde damals gesetzlich festgeschrieben“, so Lucas, „und unser damaliger Erster Kreisbeigeordneter Ralf Neumann sagte, macht mal was…“ Wie sehr das gelungen ist, unterstrich Anna Kassautzki, die von 2010 bis 2012 Vorsitzende des KJP war und heute für die SPD im Bundestag sitzt. “Damals haben wir viel über Rechtsextremismus diskutiert und uns gefragt, was man dagegen machen kann.“ Auch das Politiker-Café, bei dem Jugendliche und die Kommunalpolitik ganz ungezwungen ins Gespräch kommen, wurde damals eingeführt. Das gibt es heute noch.
„Wir brauchen Menschen, die sich für die Gesellschaft engagieren“
Der aktuelle Vorsitzende Hazeem Bhatti wurde als 13-Jähriger ins KJP gewählt und setzte sich damals für schnelles Internet in Mücke und den ÖPNV ein. Sein Tipp für künftige Abgeordnete: „Jeder, der sich für Politik interessiert, sollte sich darauf einlassen. Unsere Gruppen im KJP gehen euphorisch zur Sache. An dieser Euphorie müssen wir festhalten. Wir brauchen Menschen, die sich für die Gesellschaft engagieren. Bleibt offen für das, was auf euch zukommt“.
Foto: Hazeem Bhatti im Gespräch mit Anna Kassautzki (Foto: Sabine Galle-Schäfer/Vogelsbergkreis)