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Ein nachdenklicher und zugleich vergnüglicher Nachmittag: Anja Zimmer stellte Nachkriegsroman „Hoffnung aus Papier“ vor

Liebe, Freundschaft und Hoffnung: Darum dreht es sich in Anja Zimmers Nachkriegsroman »Hoffnung aus Papier«. Am Sonntag stellte Anja Zimmer ihren Roman im Rahmen einer Lesung mit Musik in der ehemaligen Synagoge in Romrod vor. Eingeladen hatte der Heimat- und Kulturverein. Musikalisch begleiteten Erika Drogi-Haas mit ihrem klaren und ausdrucksvollen Sopran und Frank Gabian an Bass und Gitarre den Nachmittag.

Der Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereins, Horst Blaschko, begrüßte die Anwesenden und ging mit einigen Worten auf das besondere Datum des 9. Novembers und die ehemalige Synagoge ein. Er beschrieb den Leidensweg der letzten drei Romröder Familien jüdischen Glaubens nach 1933 und stellte einen Bezug zu den gesellschaftlichen Umständen her, die im Roman von Anja Zimmer ebenfalls eine Rolle spielen.

Anja Zimmer erzählt in ihrem Buch die Geschichte ihrer Großeltern, unterteilt in verschiedene Episoden. Die einzelnen Teile des Vortrags wurden durch passende Liedbeiträge verbunden. Zimmer stammt aus Lauter, einem Stadtteil von Laubach, im Buch »Klarenbach« genannt.

Bewegendes Flüchtlingsschicksal

Nach dem bekannten Lied „Lili Marlen“ erzählte Anja Zimmer vom Abschied ihres Opas Reinhard von Frau und Kind – ihrer Mutter -, der nach einem Heimaturlaub wieder in den Krieg ziehen muss. Er wird begleitet von seinem Freund Paul, der sich in eine Frau verliebt hat, die von Treue wenig hält. Schon als sie ihm aus dem Fenster zum Abschied winkt, hat sie einen neuen Liebhaber im Haus. Passend dazu folgte das Lied „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre“ von Marlene Dietrich.

Dann steht eines Abends bei Pauls Eltern ein Flüchtling aus Breslau vor der Tür. Es ist die hochschwangere Maria, deren Kind kurz darauf auf die Welt kommt. Der Pfarrer kommt, um das Kind zu taufen, aber Maria ist katholisch – und so ein Kind kann der protestantische Geistliche unmöglich taufen. Das übernimmt dann die praktisch veranlagte Hulda, die auch geholfen hatte, das Kind auf die Welt zu bringen.

Allerdings gibt es noch ein Problem, wie Maria dem neuen Pfarrer gesteht – das Kind ist unehelich. In der Nachkriegszeit ein unverzeihlicher Makel. Sie wurde vom Sohn ihres Arbeitgebers, einem adligen Grundbesitzer im Osten, verführt. Aber er lässt sie brutal im Stich. Bei Pauls Eltern findet sie aber eine liebevolle Aufnahme und das Geheimnis der unehelichen Geburt wird von ihnen gewahrt. „Ich hab geträumt vor langer Zeit“ – die deutsche Version von „I dreamed a dream“ aus dem Musical „Les Misérables“ – beschreibt zutreffend ihre Gefühle.

Fast zu Hause und doch so weit entfernt

Sehr bewegend beschrieb Anja Zimmer eine Begebenheit, die ihrem Großvater tatsächlich kurz vor Kriegsende widerfahren ist. Auf dem Rückzug von Frankreich, wo er als Soldat stationiert war, und dem Weitermarsch Richtung Ostdeutschland, Richtung Ostfront, kommt er mit seiner Truppe direkt am Heimatort vorbei, ohne das Dorf betreten zu dürfen. Er muss weitermarschieren und bleibt nach Jahren der Abwesenheit weiter im Ungewissen über das Schicksal der Lieben zuhause. Die Autorin erzählte, dass ihr Großvater auf diesem Weg auch durch Romrod gekommen sei.

Nach der Pause ging die Handlung in der Nachkriegszeit weiter. Eingeleitet wurde dieser Teil durch das Lied „Sag mir, wo die Blumen sind“. Dann wurde mit einem Sprung ins Jahr 1947 beschrieben, wie dörfliche Neuigkeiten, die möglichst nicht weitergegeben werden sollen, ganz bestimmt ihren Weg in die Öffentlichkeit finden.

Im Dorf gibt es einen zentralen Treffpunkt, die Wirtschaft von Agathe, einer überzeugten Nationalsozialistin, die bis zum Einmarsch der Amerikaner an den Endsieg glaubte. Hier ist die Nachrichtenbörse des Ortes, wobei alle Neuigkeiten, unter dem Siegel der Verschwiegenheit weitererzählt, sofort die Runde machten. Deshalb ist Agathe zu Tode beleidigt, als sie die Nachricht einer bevorstehenden Hochzeit im Ort erst ganz zum Schluss erreicht. Sie wird von zwei GIs abgeführt, als sie, angestachelt von dem Dorf-Faktotum Hulda, den Nazigruß zeigt.
Mit dem Lied „Bei mir bist Du schön“ und einer Zugabe endete der nachdenkliche, aber zugleich vergnügliche Nachmittag.

Der Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereins, Horst Blaschko, dankte den Vortragenden. Er gab im Sinne der begeisterten Besucher seiner Hoffnung Ausdruck, die Gruppe möge auch im nächsten Jahr mit einem ihrer vielfältigen Programme in Romrod auftreten.

Foto oben: Buchautorin Anja Zimmer (links) sowie ihre musikalische Begleitung, Erika Drogi-Haas und Frank Gabian, erfreuten die Besucher in der ehemaligen Synagoge in Romrod.

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